Da bin ich nun, chronisch Krank, schwerbehindert, bebeutelt und für den Arbeitsmarkt für untauglich erklärt. Gut, mein Körper ist Schrott, hab ich eingesehen, aber mein Geist nicht!
Und der braucht Nahrung, etwas zu schaffen, eine Aufgabe, sonst wird er immer kleiner, zieht sich zurück und verkümmert.

Also habe ich angefangen mich durch das Internet zu googlen, planlos, ziellos und absolut nicht erfüllend.

Auf Umwegen kam ich zu facebook und fand dort, aus Langeweile suchend eine Gruppe, die sich mit dem Thema CED befasste. Ein paar hundert Betroffene, die sich gegenseitig ihr Leid klagten, Ratschläge erteilten, sich austauschten, Tips und Tricks weitergaben, zusammen lachten und litten. Ich fühlte mich wohl hier, hatte ein Dazugehörigkeitsgefühl und verbrachte immer mehr Zeit dort.
Doch sobald ich das Thema Stoma in den Raum stellte, zu dem sich dann doch ein paar Fragen bei mir ansammelten, wurde es still und ich nachdenklich. Wenn es sogar hier bei den Darmkranken ein Tabu ist, wo sollte ich denn dann offen darüber reden können? Und so entschied ich mich, eine Gruppe zum Thema Stoma zu gründen. Am Donnerstag, den 01.11.2012 wurden die fb-Gruppe “Beuteltier“ Stoma –Träger online gestellt mit einem Mitglied, mir.
Aber schon ein paar Tage später waren es 10 und ich erstaunt, das da Namen auftauchten, die ich aus der CED Gruppe kannte, aber nicht wußte, das auch sie Stomaträger sind!

Die Anonymität von fb und das Wissen darum verstanden zu werden scheint zum Teil sehr hilfreich.
Ich stellte wieder meine Fragen und bekam endlich Antworten. Es entwickelte sich ein lockerer Umgangston, mit viel Humor, Einfühlungsvermögen und einer Prise Sarkasmus und das ist bis heute so geblieben.
Immer mehr Leute haben an die Tür geklopft und so wuchs die Gruppe stetig. Bei uns ist jeder willkommen, nicht nur Beutler, sondern auch EX-Beutler, Angehörige, Freunde oder einfach Interessierte, niemand wird abgewiesen.
Die Gruppe ist eine Plattform für alle Themen, es darf alles gesagt, gefragt … gepostet werden. Oft sind es Hilferufe wegen der Stomaversorgung, bei denen selbst die Therapeuten an Grenzen stoßen. Aber auch andere Themen kommen immer wieder auf den Bildschirm, wie z.Bsp. Mode, Alltagshilfen, Fragen zu Ärzteempfehlungen, Kur/ Reha-Einrichtungen, Partnerschaft, Rente, Sex, Behindertenausweis ….u.v.m.
Mit Hilfe der Alben habe ich eine Galerie angelegt, wo die Links zu den entsprechenden Themen geordnet gespeichert werden und so schnell abrufbar sind. Neuankömmlinge werden persönlich willkommen geheißen darauf aufmerksam gemacht. Es gibt auch eine Karte, in die man sich eintragen lassen kann um vielleicht Beutler in der Umgebung zu finden.

Ich habe in den letzten Jahren viel dazugelernt, durch all diese Menschen und ihre Erfahrungen und einige sehr lieb gewonnen. Es sind schon Freundschaften und sogar eine frische Liebe durch die Gruppe entstanden. Bereits im ersten Jahr gab es ein lockeres ungezwungenes Beuteltier – Treffen, zum Auftakt passenderweise in Darmstadt, was aber zur Tradition heranwächst.
Wir haben neben den Med. Themen auch eine Menge Spaß und Freude am Leben, sind teilweise wie eine kleine Familie. Aus so einem Spaß-Post ist auch die Idee mit den T-Shirts entstanden und daraus dann ein spreadshirt-Shop mit speziellen Motiven zum Thema. Ideen wie der „Bauchschuss“ und „EnteRostOma“ kommen von Beuteltieren, die ihr Schicksal auch mit Humor verarbeiten.
Eine ganz besondere Aktion ist „100 Tage – 100 Momente“  Mut machen, Ängste nehmen und Vorurteile abbauen, das ist das Ziel, wenn 100 Stomaträger ganz bewußt ihre Beutel zeigen. Ich bin immernoch beeindruckt von der großen Resonanz.

Die „Beuteltiere“ sind wie eine große Familie, die sich gegenseitig unterstützen, gemeinsam helfen, zusammen trauern und miteinander lachen. Und dieses Gemeinschaftsgefühl möchten wir nach außen tragen. Niemand soll sich allein und unverstanden fühlen!
Auch aus diesem Grund wurde der Verein „BeuteltierNetzwerk e.V. ~ Schicksal verbindet!“ gegründet. Wir wollen in und mit diesem Verein schnelle Hilfe für Stomaträger/innen in Notsituationen organisieren und Betroffenen und Angehörigen aktiv zur Seite stehen.

Wir Beutler sind schon ein tolles Völkchen ♥

 

 

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